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Ministerpräsidentenkonferenz: Ein kurzer Satz wird zur Machtprobe für Merz

Ministerpräsidentenkonferenz: Ein kurzer Satz wird zur Machtprobe für Merz

Die Politik müsse wieder näher heranrücken an die Stammtische, das wird ständig gefordert, nicht nur an Stammtischen. Zweifelsfrei gelungen ist das mit einem Satz im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung: „Wer bestellt, bezahlt“, steht dort, zwar nicht als Überschrift des schwarz-roten Pakts, aber immerhin auf Seite 114. Das Bestellerprinzip kennen auch die deutschen Stammtische, falls es nach drei Runden Bier nicht zu Missverständnissen kommt, wer genau eigentlich was geordert hat.

In der Politik ist es zu so einem Missverständnis gekommen, sogar schon in der ersten Runde. Bund und Länder streiten darüber, wer die geplante Steuersenkung für Unternehmen finanzieren soll. Zum ersten Mal in dieser Legislatur trafen sich an diesem Mittwoch die Ministerpräsidenten der Länder offiziell mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD), um darüber zu diskutieren.

Die Bundesregierung nennt es „Investitionsbooster“

Die Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt tagte am Mittwochnachmittag zwar etwas länger als gedacht, ein Ergebnis gibt es trotzdem erst mal nicht. Muss der Bund die Kosten der Steuersenkungen bei Ländern und Kommunen irgendwie ausgleichen? „Diese Frage, wie diese Kompensation aussehen soll, darüber werden wir in einer kleinen Arbeitsgruppe das Wochenende noch beraten“, sagte Merz nach der Verhandlungsrunde. In der nächsten Woche solle es konkret werden, versprach er.

Denn kommende Woche soll der Bundestag das entsprechende Gesetz bereits beschließen. Zwar könnten die Bundesländer im Bundesrat noch Änderungen durchsetzen, geschmeidiger für alle ist es aber, diesen Knatsch vorher zu klären. Der kleine Satz „Wer bestellt, bezahlt“ aus dem Koalitionsvertrag wird somit zur ersten Machtprobe der Regierung Merz mit den Ländern.

Die Steuersenkungen – erst über Abschreibungen, später über weniger Körperschaftsteuer – kosten laut dem Bundesfinanzministerium mehrere Milliarden Euro an Steuereinnahmen, die entfallen würden. Dieses Minus betrifft nicht nur den Bundeshaushalt; auch die Bundesländer und Kommunen würden Steuereinnahmen verlieren. Es ist ein entscheidendes, erstes Gesetz von Schwarz-Rot, das Deutschland herausführen soll aus der wirtschaftlichen Misere. Die Bundesregierung bewirbt die Steuersenkungen mit dem Spitznamen „Investitionsbooster“.

Da sind sich Bund und Länder einig: Die Kommunen sollen einen Ausgleich bekommen. Nur welchen?

Wenn also gilt „Wer bestellt, bezahlt“, ist die Frage, ob die neue Bundesregierung diese Steuerverluste kompensieren muss, also Ländern und Kommunen zum Ausgleich andere Einnahmen überlässt? So verlangen es die Bundesländer. In der Bundesregierung wird die Forderung der Länder wenig überraschend nicht vollkommen geteilt. Denn es gibt auch eine andere Lesart des Besteller-Satzes im Koalitionsvertrag: Die Ministerpräsidenten der Bundesländer waren stark vertreten, als Union und SPD ihren Koalitionsvertrag verhandelt und beschlossen haben. Aus dieser Perspektive betrachtet, gehören die Bundesländer mit zu den Bestellern der Steuersenkungen. Sie wussten, dass sie dafür bezahlen müssen.

Anders sieht es bei den Kommunen aus. Sie waren in den Koalitionsverhandlungen nicht vertreten. Nun sollen sie aber für die Steuersenkungen am meisten zahlen, denn zumindest in den ersten drei Jahren wären die Ausfälle bei ihnen am größten. Sowohl der Bund als auch die Länder betonten nach der Ministerpräsidentenkonferenz, dass die Kommunen auf einen Ausgleich hoffen dürften. Man arbeite jetzt übers Wochenende an „einer Lösung gerade für die Gemeinden“, sagte Merz. Wie die genau aussehen wird, darauf müssen die Kommunen noch bis nächste Woche warten.

Je mehr Geld der Bund den Gemeinden gibt, desto weniger bleibt Bundesfinanzminister Klingbeil. Der SPD-Chef will sich allerdings auch als Investitionsminister profilieren – je mehr er abgibt, desto weniger bleibt ihm zum Investieren. Aber die Steuersenkungen werden nur mithilfe der Ministerpräsidenten zum Gesetz. Klingbeil lernt daher gerade im neuen Amt, was Politikwissenschaftler mit Veto-Spielern meinen: Das sind Akteure im politischen System, die Pläne blockieren und so beeinflussen können.

Klingbeil hat allerdings das Glück, dass er den Bundesländern auch etwas anbieten kann. Die Ministerpräsidenten wollen sehr gerne ihre 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur haben. Die stehen zwar schon im Grundgesetz, aber damit das Geld wirklich fließt, braucht es weitere Rechtsnormen. Klingbeil kann diese schnell auf den Weg bringen, dann können die Länder schneller damit planen – oder er macht das ganz langsam.

Die Zinsen auf die 100 Milliarden Euro für die Bundesländer zahlt übrigens der Bundeshaushalt. Damit haben die Ministerpräsidenten der Länder kein Problem.

süeddeutsche

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