Wegen Kritik an Diversity-Kampagne? CEO von Jaguar tritt zurück

Adrian Mardell, CEO von Jaguar Land Rover (JLR) und Initiator eines radikalen Imagewandels des britisches Automobilherstellers Jaguar, verabschiedet sich in den Ruhestand. Nach 35 Jahren im Konzern und drei Jahren an der Spitze zieht sich Mardell offiziell auf eigenen Wunsch zurück. So zumindest die Darstellung des Unternehmens. Der genaue Zeitpunkt seines Ausscheidens bleibt ebenso offen wie die Frage nach seiner Nachfolge. Der Zeitpunkt eines Rücktritts wirft jedoch Fragen auf.
Denn während Mardell betriebswirtschaftlich durchaus Erfolge vorzuweisen hat – unter seiner Führung erzielte JLR den höchsten Gewinn seit einem Jahrzehnt, reduzierte die Schuldenlast um fünf Milliarden Pfund – brechen die Verkaufszahlen derzeit ein. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wurden im Juni gerade einmal sechs Neufahrzeuge des Unternehmens in Deutschland zugelassen. Ein Einbruch von 97,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf EU-Ebene verzeichnete Jaguar ähnliche Rückgänge.
Keine Raubkatze im Logo, dafür rosafarbene Planeten im WerbespotDer Grund für den Einbruch? Im vergangenen Jahr vollzog das Unternehmen unter Mardells Leitung eine Transformation: Jaguar sollte Luxusmarke für Elektroautos werden, mit Fokus auf Diversität, Design und progressivem Zeitgeist. Mit dem neuen Claim „Create exuberant“ und einem Werbespot, der mehr Models statt Autos zeigte, wagte Jaguar im Dezember 2024 den großen Sprung.
Statt Karossen und ikonischer Katzen präsentierte sich die Marke vor einer pastellfarbenen Kulisse und rosafarbene Planeten. Die Raubkatze im Logo wurde gestrichen, ein schlichter Schriftzug trat an ihre Stelle. Auch die alte Modellpalette verschwand fast vollständig aus den Showrooms.
Die Reaktionen auf das Rebranding fielen gespalten aus. Während Befürworter den Mut zu Modernität lobten, sprach ein Teil der Branche von einem „kulturellen Totalschaden“. Besonders konservative Stimmen innerhalb der Automobilwelt warfen Jaguar vor, sich mit dem diversity-getriebenen Wandel von der eigenen Identität entfremdet zu haben.
Die Verkaufszahlen scheinen diese Kritik zu bestätigen: Im April 2025 setzte Jaguar europaweit nur noch 49 Fahrzeuge ab – ein Rückgang von 97,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Ob Mardells Rückzug tatsächlich mit dem umstrittenen Imagewechsel zusammenhängt, bleibt unklar. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass ein CEO nach einem radikalen Kurswechsel dem Unternehmen den Rücken kehrt, bevor die nächste Modellgeneration auf dem Prüfstand steht.
Jaguar ist mit seinem Diversity-orientierten Rebranding keineswegs ein Einzelfall. In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Unternehmen ihre Markenauftritte überarbeitet – weg von traditionellen Geschlechterklischees, hin zu einer bewusst inklusiven, oft als „woke“ gelabelten Bildsprache. Unilever etwa stellte Kampagnen seiner Marken Dove und Axe zeitweise auf Diversität und Antistereotype um, ebenso wie Gillette mit der viel diskutierten Werbung gegen „toxische Männlichkeit“. Unilever kündigte 2024 an, sich wieder stärker auf Produktbotschaften und weniger auf gesellschaftspolitische Rahmungen zu konzentrieren.
Berliner-zeitung