So schlimm war es seit Jahren nicht mehr. Nicht nur in Polen kämpft die Branche.

- Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland 17,1 Millionen Tonnen Stahl produziert, ein Rückgang von 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In der gesamten Europäischen Union betrug der Rückgang in diesem Zeitraum 3,3 Prozent.
- Den stärksten Rückgang verzeichnete die Hochofenproduktion – sie betrug im gesamten Sechsmonatszeitraum rund 15 Prozent. Die Produktion in Elektroöfen sank deutlich langsamer, nämlich um 3,6 Prozent.
- Die öffentliche Beschaffung müsse sich nun konsequent auf „Made in Germany“ und EU-Produkte konzentrieren, fordert die deutsche Stahlindustrie. Gleiches gilt für Polen.
Deutschland ist der größte Stahlproduzent der Europäischen Union und das einzige EU-Mitglied unter den zehn größten Stahlproduzenten der Welt. Im ersten Halbjahr dieses Jahres verzeichnete das Land auch den stärksten Produktionsrückgang unter den zehn größten Stahlproduzenten der Welt.
Deutschland produzierte in diesem Zeitraum 17,1 Millionen Tonnen Stahl, ein Rückgang von 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allein im Juni lag die Produktion mit 2,7 Millionen Tonnen um 15,9 Prozent unter dem Vorjahreswert. In der gesamten Europäischen Union betrug der Rückgang im Juni 8,8 Prozent, im ersten Halbjahr 3,3 Prozent.
Kerstin Maria Rippel, Geschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, stellte fest, dass der größte Rückgang bei der Hochofenproduktion zu verzeichnen sei. Sie betrage im gesamten Halbjahr rund 15 Prozent. Auch die Stahlproduktion aus Schrott in Elektroöfen sei rückläufig, allerdings deutlich langsamer: um 3,6 Prozent.
Die Nachfrage ist stagnierend und die Stahlproduktion liegt auf dem Niveau der Krise von 2009„Der Produktionsrückgang in unserer Branche zeigt, wie prekär die Lage des Industriestandorts Deutschland ist. Die Rohstahlproduktion verharrt auf dem Niveau der Finanzkrise 2009“, erklärt Kerstin Maria Rippel.
Der Produktionsrückgang ist auf die schwierige Wirtschaftslage und den daraus resultierenden Rückgang der Stahlnachfrage zurückzuführen. Laut WV Stahl bleibt der Bedarf auf einem historisch niedrigen Niveau und wird für das Jahr 2025 auf 29 Millionen Tonnen geschätzt.
Kerstin Maria Rippel forderte einen Stahlgipfel auf höchster Ebene, ein Treffen der Industrie mit Bundeskanzler Merz. Ihre Begründung klingt fast wie die Forderungen, die die polnische Stahlindustrie an unsere Regierung stellt.
Nur mit einem funktionierenden europäischen Handel und Schutz vor Carbon Leakage, wettbewerbsfähigen Strompreisen – darunter auch einer Senkung der Übertragungsnetzentgelte noch in diesem Jahr – und einem auf emissionsarme heimische Rohstoffe ausgerichteten Vergaberecht habe die für die Volkswirtschaft so wichtige Stahlindustrie in Deutschland eine Zukunft, betont Kerstin Maria Rippel.
Teurer Strom ist das größte Problem deutscher StahlwerkeDie Nachfragespitze besteht, genau wie in Polen, nach günstigerem Strom. Die aktuell hohen Preise mindern die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Stahlwerke deutlich. „Der erste, dringend notwendige Schritt ist eine schnelle Senkung der Netznutzungsentgelte. Obwohl die Koalition diese für Anfang 2026 angekündigt hat, kommt sie für die Stahlwerke zu spät. Die ersten Hilfsmaßnahmen müssen noch in diesem Jahr erfolgen“, sagte Kerstin Maria Rippel.
Das zweite Element besteht darin, den Marktschutz zu verbessern und ein wirksames Instrument einzuführen, das die Schutzmaßnahmen ersetzt. Außerdem sollen die Lücken im Grenzausgleichsmechanismus für Kohle und Stahl (CBAM) geschlossen werden, der laut Angaben der Stahlindustrie im Jahr 2026 in Kraft treten soll.
Drittens sei ein weiteres „polnisches Problem“ die Notwendigkeit einer Änderung des Vergaberechts . „Die öffentliche Beschaffung muss sich nun konsequent auf Produkte ‚Made in Germany‘ und der EU konzentrieren“, sagt Kerstin Maria Rippel.
Wie man sieht, ermöglicht das Gesetz in Deutschland wie auch in Polen Herstellern und Lieferanten von außerhalb der Europäischen Union einen zu leichten Markteintritt, da sie dank des von den hohen Klimaschutzabgaben in der EU befreiten Stahls deutlich niedrigere Preise anbieten können.
Die Aufrechterhaltung der Stahlproduktion im Land ist ein strategisches nationales InteresseFriedrich Merz, der Anfang dieses Jahres Bundeskanzler wurde, erklärt, er habe Verständnis für diese Probleme und sei bereit, die Branche zu unterstützen.
„Deutschland braucht in Zukunft eine Stahlindustrie – eine moderne und langfristig auch eine grüne Stahlindustrie. Die Stahlproduktion im Land zu erhalten, liegt in unserem strategischen Interesse “, sagte er in der Völklinger Hütte, einem 150 Jahre alten Stahlwerk, das heute als Museum dient.
Merz wies darauf hin, dass derzeit Gespräche mit der Stahlindustrie geführt würden, um eine starke und glaubwürdige Industriepolitik zu entwickeln. Er erklärte, die Bundesregierung arbeite aktiv an einer neuen Stahlstrategie, die die Wettbewerbsfähigkeit und die grüne Transformation des Sektors in den Vordergrund stelle.
Wir werden sehen, wie sich Deutschland schlägt. Auch unsere Regierung hat Verständnis und Unterstützungsbereitschaft bekundet und ist auch mit der Industrie im Gespräch, zeigt sich aber bislang äußerst zurückhaltend, diese Unterstützung zu leisten .
wnp.pl