Björn Böhning: Einflusstreicher Berliner in der Bundesregierung – Vertrauter von Klingbeil

Als alles überstanden war, gab’s Bier. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte für Dienstagabend ein Zehn-Liter-Fass aus dem Sauerland ins Kanzleramt schaffen lassen. Ein turbulenter Tag mit zwei Wahlgängen, der Ministerernennung durch den Bundespräsidenten und noch am Abend die erste Sitzung des neuen Kabinetts konnte einen Teambuilding-Abschluss sicher ganz gut gebrauchen.
Es ist nicht überliefert, ob an dem Socializing-Abend neben den vielen Ministern, Staatsministern und Staatssekretären auch Björn Böhning teilnahm, neuer verbeamteter Staatssekretär im Bundesfinanzministerium von Lars Klingbeil. So oder so ist der 46-Jährige als Quasi-Leiter des Vizekanzleramts der wichtigste Berliner in der neuen Regierung.
Vorbei die Zeiten, als es von Berlinern in der Bundespolitik im Gesamten und der Bundesregierung im Speziellen geradezu wimmelte. Besonders deutlich wurde das im März 2018, dem Start von Angela Merkels vierter und letzter Amtsperiode – es war mal wieder eine Große Koalition aus CDU und SPD. Monika Grütters von der CDU blieb, was sie vorher schon war: Kulturstaatsministerin. Dazu katapultierte sich Franziska Giffey (SPD) aus dem Neuköllner Rathaus direkt an die Spitze des Bundesfamilienministeriums.
Böhning wurde schon 2018 einmal Staatssekretär im BundAuch in der zweiten Reihe, bei den Staatssekretären, war Berlin damals gut vertreten. So wechselte Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) für viele in Berlin ziemlich überraschend ins Bundeswirtschaftsministerium an die Seite von Minister Peter Altmaier (CDU), einem Freund aus Studientagen.
Nummer zwei unter den neuen Staatssekretären aus Berlin war damals Björn Böhning. Der räumte sein Büro als Chef der Senatskanzlei und Staatssekretär für Medien im Roten Rathaus unter Parteifreund Michael Müller gegen eines als Staatssekretär für „Digitale Arbeit“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter Hubertus Heil (ebenfalls SPD).
Müller ist Geschichte, seit Montag ist es – zumindest vorübergehend – auch Heil. Böhning ist noch da, oder besser: Er ist wieder da.

Bereits als Digital-Staatssekretär war es still geworden um den Mann, der einmal als Hoffnung der Berliner SPD galt – doch das blieb nicht lange so. 2004 wurde der gebürtige Lübecker und Politologie-Student der Freien Universität Berlin Bundesvorsitzender der Jusos. Drei Jahre später fing er beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit als Chef des Grundsatz- und Planungsreferats an. Schon damals charakterisierte die Berliner Zeitung den Parteilinken als „Berufsvisionär“, ein reichlich vergiftetes Lob.
Doch Böhning blieb im Roten Rathaus, stieg 2011 zum Chef der Senatskanzlei auf und überstand dort auch den Wechsel von Wowereit zu Müller. Doch sein Stern, so wirkte es, strahlte da schon nur noch recht matt.
Björn Böhning: Filz-Vorwürfe schadeten ihm in BerlinDas galt erst recht, als die Staatsanwaltschaft gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung aufnahm. Es ging um einen Auftrag an die Beratungsfirma McKinsey, von der ein Ex-Staatssekretär der SPD, Lutz Diwell, profitierte. Müller hielt an Böhning fest, doch der Ruf war beschädigt, obwohl die Ermittlungen schließlich eingestellt wurden.
Es wurde still um Böhning, und so war die Aufregung gering, als er 2018 in den Bund wechselte. Immerhin konnte man im politischen Berlin noch hoffen, dass der Wahl-Hauptstädter die Stadt an der Spree noch im Herzen trug und trägt. Tatsächlich wohnt Böhning bis heute in Berlin.
Zum Knüpfen von Kontakten waren die Jobs im Roten Rathaus und im Arbeitsministerium jedenfalls bestens geeignet, wie sich 2022 zeigte. Da verließ Böhning die Politik und wurde Lobbyist. Er heuerte bei der Produktionsallianz an, einem Zusammenschluss deutscher Produzenten in Film, Fernsehen und audiovisuellen Medien. Dort brachte er es zum Geschäftsführer und Vorstandssprecher.

Dass Böhning ein fähiger Netzwerker ist, bewahrheitet sich spätestes jetzt, da ihn Lars Klingbeil zu seinem Staatssekretär macht. Mit Klingbeil, wiewohl inzwischen im konservativen Seeheimer Kreis angesiedelt, verbindet Böhning seit Juso-Zeiten eine Freundschaft.
„Das waren ‚best buddies‘“, sagt einer, der die beiden norddeutschen Nachwuchsmänner damals aus nächster Nähe beobachten konnte. Dazu mag passen, dass Klingbeil auf einem Parteitag im Dezember 2017 zum Generalsekretär der Partei gewählt wurde und tags darauf Böhnings Ehefrau Nancy Böhning zur Bundesgeschäftsführerin machte.
Enge Freunde sind Klingbeil und Böhning offenbar immer noch. Sonst hätte der Neu-Minister seinen einstigen Juso-Kumpel kaum zu einer Art Vizekanzleramtsminister gemacht. Das ist eine Position, in der dieser viele Strippen ziehen müssen wird. So wird er unter anderem zum Koordinator der sogenannten A-Seite, der SPD-geführten Ministerien.
Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel, die beiden SPD-Landesvorsitzenden, sind voller Vorfreude. Die Partei habe ein starkes Team für die Regierung aufgestellt. Die beiden sagen auf Anfrage der Berliner Zeitung: „Mit Björn Böhning, der die SPD-Regierungsarbeit koordinieren wird, kommt der wichtigste SPD-Staatssekretär der neuen Bundesregierung aus der Berliner SPD.“
Berliner-zeitung