Mexiko wird von Trumps Zöllen überrascht – und gibt sich trotzdem optimistisch


Mexico Presidency / Handout
In einem am Samstag an Präsidentin Claudia Sheinbaum gerichteten Schreiben hat Donald Trump Zölle von 30 Prozent auf Importe aus Mexiko ab dem 1. August angedroht.
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Zum wiederholten Mal bezichtigte der amerikanische Präsident dabei den südlichen Nachbarn, nicht genug gegen den Drogenschmuggel durch mexikanische Drogenkartelle über die amerikanische Südgrenze zu unternehmen. «Mexiko hat mir geholfen, die Grenze zu sichern, ABER was Mexiko getan hat, ist nicht genug», schrieb Trump in seinem Brief.
Die Kartelle hätten die USA mit der synthetischen Droge Fentanyl überschwemmt und Mexiko habe es versäumt, sie dabei aufzuhalten, behauptet der Präsident. Der Vorwurf ist nicht neu; in den vergangenen Monaten hatte Trump mehrfach die mexikanische Regierung für die Drogenkrise in den USA mitverantwortlich gemacht, ja sogar behauptet, Sheinbaums Regierung hielte ihre schützende Hand über die Banden.
Jetzt schrieb er: «Mexiko hat die Kartelle, die ganz Nordamerika in einen Spielplatz für den Drogenhandel verwandeln wollen, noch immer nicht gestoppt.»
Trumps Androhung neuer Zölle hat Mexikos Regierung kalt erwischt. In den Monaten zuvor konnte Präsidentin Sheinbaum mit ihrer stets besonnenen und unaufgeregten Art Trump besänftigen und seine wiederholten Zolldrohungen entschärfen.
So hatte sie 10 000 Soldaten an die gemeinsame Grenze beordert, um Trumps Forderung nach einem Stopp der illegalen Migration über die amerikanische Südgrenze nachzukommen. Mit Erfolg: derzeit ist die Grenze praktisch dicht.
Zudem hat Sheinbaum daheim den Kampf gegen das Organisierte Verbrechen ausgeweitet und mehr als zwei Dutzend mexikanische Drogengangster an die USA ausgeliefert. Man arbeite gut mit Washington zusammen, hörte man zuletzt aus Mexiko-Stadt.
Und noch am Freitag hatte eine hochrangige mexikanische Delegation unter Leitung von Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard in der amerikanischen Hauptstadt intensive Gespräche über Migration, Sicherheit, die Grenze sowie die Aufteilung des knappen Wassers in der gemeinsamen Grenzregion geführt.
Während der Gespräche sei er über die amerikanischen Strafzölle gegen Mexiko unterrichtet worden, so Ebrard. «Wir sagten bei dem Treffen, dass dies eine unfaire Behandlung sei und dass wir nicht einverstanden seien», berichtete er auf der Plattform X. Man habe aber unverzüglich begonnen, mit der amerikanischen Regierung zu verhandeln.
Doch laut Medienberichten macht sich in der mexikanischen Regierung zusehends Frust breit über die sprunghafte und chaotische Verhandlungsführung der Amerikaner. So habe man auf mexikanischer Seite Schwierigkeiten zu identifizieren, was überhaupt das Ziel der amerikanischen Zollpolitik sei.
Mexiko ist der grösste Handelspartner der USADie nun angedrohten Zölle von 30 Prozent würden die zuvor bereits von Trump verhängten Zölle von 25 Prozent für alle Güter ersetzen, die nicht unter das USMCA-Abkommen fallen – das Freihandelsabkommen, das die USA unter Trumps Führung 2020 mit Kanada und Mexiko abgeschlossen hatten. Zudem gelten die ebenfalls von Trump erlassenen sektoriellen Zölle in Höhe von 50 Prozent auf Aluminium und Stahl sowie von 25 Prozent auf Autos und Autoteile.
Diese Zölle belasten die mexikanische Wirtschaft bereits jetzt. Laut Analysen von Bloomberg Economics fällt nur die Hälfte der mexikanischen Exporte in die USA unter das USMCA-Abkommen und ist damit zollfrei.
Das wiegt umso schwerer, da Mexiko über achtzig Prozent seiner Exporte in die USA liefert. Die wirtschaftliche Verzahnung der beiden Volkswirtschaften ist derart gross, dass Mexiko China vor einem Jahr als wichtigstem Handelspartner der USA abgelöst hat. Experten warnen, dass Trumps Zollpolitik Mexikos Wirtschaft in eine Rezession drücken könnte.
So bleibt Präsidentin Sheinbaum nichts anderes übrig als auf Deeskalation zu setzen. Sie habe immer gesagt, dass man in solchen Fällen einen kühlen Kopf bewahren müsse, um jedem Problem zu begegnen, sagte sie am Samstag. Und gab sich zuversichtlich, dass man eine Einigung mit Trump vor dem 1. August erzielen könne.
Sein Brief zeige, dass der amerikanische Präsident verhandlungsbereit sei und man bessere Konditionen erreichen könne, so Sheinbaum. Allerdings beinhaltet der Brief auch eine deutliche Warnung an Sheinbaum: «Diese Tarife können je nach unserer Beziehung zu Ihrem Land angepasst werden – nach oben oder unten», so Trump.
Analysten wie Antonio Ocaranza zeigen sich deshalb weniger zuversichtlich als Sheinbaum. «Diese Regierung glaubt, sie spreche mit Trump und seinen Kabinettsmitgliedern und käme in den Beziehungen voran, aber dann tun die USA etwas, das sie wieder ganz von vorne anfangen lässt», sagte der Politikwissenschafter gegenüber dem «Wall Street Journal».
Auch der ehemalige mexikanische Aussenminister Jorge Castañeda zeigt sich in der Wirtschaftszeitung pessimistisch. «Sheinbaum gab Trump alles, was er wollte, und zwar in der Hoffnung, dass Mexiko einen Sondervertrag erhält. Doch letztlich ist es nicht so gekommen. Sie hat kein anderes Ergebnis erzielt als alle anderen.»
nzz.ch