Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Wie ich zum (relativ) erfolgreichen Online-Verkäufer wurde.

Wie ich zum (relativ) erfolgreichen Online-Verkäufer wurde.
Ein bisschen wird sich doch schon verdienen lassen: Verkauf gebrauchter Fernseher in Berlin.

All die Menschen, die auf Ricardo oder Ebay irgendwelchen Plunder anbieten – ich habe sie immer etwas belächelt. Was bringt es schon, für ein paar Franken das gebrauchte Handy, das nicht mehr benötigte Veloschloss oder die alte Wanduhr aus Plastik zu verkaufen?

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

So dachte ich, bis ich online mein gebrauchtes Handy, mein nicht mehr benötigtes Veloschloss und meine alte Wanduhr aus Plastik verkaufte. Mein Sinneswandel war plötzlich gekommen. Ich hatte mich eher schweren Herzens entschlossen, mein Handy zu ersetzen, weil das Gerät eine zwar harmlose, aber ärgerliche Macke hatte. Ich befragte einen Chatbot, ob es denn eine Chance gebe, mein benutztes Gerät noch zu verkaufen. Die Antwort war ein klares Ja.

Einfaches Verkaufen

Und so stieg ich ein in die Welt des Online-Verkaufs. Weil ich keine Werbung machen will, erwähne ich nicht, welche Plattform ich nutze. Zu sagen ist einzig: Sie macht einem das Verkaufen einfach. Hat man Bilder hochgeladen, erkennt sie das Produkt automatisch und generiert mittels KI einen Titel und einen Verkaufstext.

Diese Beschreibung ist schon erstaunlich brauchbar. Aber mich packte rasch der Ehrgeiz. Immerhin bin ich Journalist und gewohnt, Texte zu schreiben. Also griff ich in die Tasten und pries mit Inbrunst meine Ware an.

Als Erstes ging mein altes Handy über die digitale Theke, gekauft von einem – wie er sich selber bezeichnete – Migranten aus Afrika. Er wollte mein altes Gerät an eine Schule in seiner alten Heimat schicken.

Als Nächstes schaffte ich es, meine Plastikwanduhr loszuwerden. Sie ist mein bisher grösster Erfolg, denn es gelang mir, sie zum genau gleichen Preis zu verkaufen, für den ich sie einst erstanden hatte. Dumm nur, dass dieser Preis 1 Franken betrug. Und mich der Käufer auch noch breitschlug, das Ding zu versenden. Und mich dann auch noch bei den Versandkosten herunterhandelte.

Der Blick des Konkursverwalters

Trotzdem ist der Online-Verkauf schon beinahe zu einer kleinen Sucht geworden. Ich ertappe mich dabei, wie ich mit dem analytischen Blick eines Konkursverwalters durch die Wohnung schreite und mir überlege, ob wir den Porzellanteller mit Fischmotiv oder die Grillpfanne mit eingebauter Überhitzungswarnfunktion wirklich benötigen.

Wenn ich im Keller eine Flasche Wein hole, scanne ich ihn gleich noch nach Verwertbarem ab. Mein altes Dreigangvelo, mein edler Koffer für Flugreisen: Wie viel würde ich dafür bekommen?

Wobei: «Viel» ist das falsche Wort. Wenn ich meinen bisherigen Erlös zusammenrechne, komme ich auf den Gegenwert eines anständigen Nachtessens in Zürich. Aber das interessiert mich eigentlich gar nicht so sehr. Viel wichtiger ist die Freude, wenn ein Angebot erfolgreich war. Auch wenn ich für die zwanzigbändige Abenteuerromanserie weniger erhielt, als mich ursprünglich ein einzelner Band gekostet hatte.

Ich bin sogar fast ein bisschen stolz. Bisher habe ich alles verkauft, was ich auf die Plattform stellte. Nur ein Objekt wurde ich noch nicht los: das Netzteil eines alten, defekten Digitalpianos (Yamaha PA-5D). Hätten Sie vielleicht Interesse? Es kostet nur 5 Franken.

Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»

nzz.ch

nzz.ch

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow