Jettens Charisma
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Ein Wort, das ich am Wahlabend viel zu selten hörte: Charisma. Doch Rob Jetten verkörperte es in den letzten Wochen wie kein anderer. D66 verdankt ihm seinen größten Sieg in der Geschichte. Nicht die Wirtschaft war ausschlaggebend, wie es in der Politik so oft heißt, sondern das persönliche Charisma des Parteivorsitzenden.
Was wir heute auch wissen: Charisma kann man lernen. Jetten besaß in seiner gesamten politischen Karriere nie so viel Charisma. Tatsächlich bevorzugte D66 2020 Sigrid Kaag als Parteivorsitzende, da man sich von ihr wahltechnisch mehr versprach. Jetten akzeptierte seine Niederlage und wartete auf eine neue Chance.
Jetten war schon immer ein guter, redegewandter Politiker, aber kein herausragender – daher die damalige Wahl von D66. Als Spitzenkandidat von D66 erlitt er 2023 eine schwere Niederlage, konnte sich aber diese Woche spektakulär revanchieren. Er hatte mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen, insbesondere mit Wilders' Ausweichmanövern, doch wir erlebten auch einen wiedergeborenen Jetten: selbstbewusst, bei Bedarf energisch, etwa gegenüber Wilders, vor allem aber positiv und auf Zusammenarbeit bedacht.
Und siehe da: Plötzlich war er charismatisch. Weitaus charismatischer als Frans Timmermans, der größte Verlierer dieser Wahl. Jetten wurde zu einer Art niederländischem John F. Kennedy, wie jener, der 1960 den erfahrenen Richard Nixon bei der Präsidentschaftswahl besiegt hatte. Frisch, gutaussehend, energiegeladen, optimistisch. Wie Nixon konnte auch Wilders in den Debatten mit Jetten nicht mithalten; er verkam zu einem verbitterten, griesgrämigen Mann.
Timmermans hat sich kaum etwas vorzuwerfen. Er führte einen nahezu fehlerlosen Wahlkampf und verlor keine einzige Debatte. Doch die Vorurteile gegen ihn, die von der Rechten jahrelang eifrig geschürt wurden, waren zu stark. Er musste gegen eine Mauer unerbittlicher Ablehnung ankämpfen. Seine Qualitäten – intellektuelle Tiefe und verbale Gewandtheit – schienen ihm im Weg zu stehen.
Das habe ich mich immer gefragt. Timmermans war nicht der linke, dogmatische Mann mit der eisernen Faust, der er war; er war ein differenzierter Denker in der Tradition von Vorgängern wie Max van der Stoel, den er bewunderte, und bekannt für sein Engagement für die Menschenrechte.
Vielleicht hätten er und die Partei diese Ablehnung vorhersehen und einen jüngeren Nachfolger wählen sollen, doch dank seiner immensen politischen Erfahrung und seines profunden Wissens schien die Wahl naheliegend. Am Mittwochabend verkündete er klugerweise seinen sofortigen Rücktritt. Es war die beste Rede des Abends.
Seine Niederlage wurde durch eine unbestreitbare Entwicklung in der niederländischen Gesellschaft (und nicht nur dort) begünstigt: eine weitverbreitete Ablehnung der Linken und ein Aufstieg der Rechten und der extremen Rechten. Man beachte die positiven Ergebnisse für JA21 und – ausgerechnet – die FVD sowie die Anzahl der Sitze, mit denen sich PVV und VVD noch recht gut behaupten konnten. Wir könnten bald eine Regierung mit Joost Eerdmans anstelle von Frans Timmermans haben. Ihre Namen enden zwar gleich; ansonsten sehe ich keine Ähnlichkeiten, die mir Freude bereiten würden.
GroenLinks-PvdA und die kleineren linken Parteien haben mit Gegenwind zu kämpfen, und das wird wohl auch in absehbarer Zeit so bleiben, obwohl Timmermans in seiner Rede „bessere Zeiten“ voraussagte. Meine große Frage ist, ob wir diese Zeiten noch erleben werden.
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nrc.nl




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