Mindestlohn gefährdet Steillagenweinbau: Winzer befürchten erheblichen Rückgang

Berlin/Bonn. Der Deutsche Weinbauverband (DWV) sieht den Anbau von Weinreben in deutschen Steillagengebieten nach der geplanten Mindestlohnerhöhung in Gefahr. „Gerade in den Steillagengebieten halten wir einen erheblichen Rückgang der Anbaufläche für möglich“, sagte Matthias Dempfle, stellvertretender DWV-Geschäftsführer, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Bereits vor der Entscheidung der Mindestlohnkommission für eine Erhöhung auf 14,60 Euro bis 2027 befürchteten Betriebe einen erheblichen Flächenrückgang. „Dies wird sich durch den Mindestlohn beschleunigen“, sagte Dempfle.
Sinkende Absatzzahlen, ein sinkender Fassweinpreis und massiv steigende Produktionskosten setzten die Winzerinnen und Winzer stark unter Druck. „In dieser wirtschaftlich angespannten Lage ist es schwierig, zusätzliche Lohnkosten zu tragen, ohne dabei Existenzen zu gefährden oder Arbeitsplätze abzubauen“, betonte Dempfle.
In der gesamten Land- und Forstwirtschaft, so der DWV-Vize, habe der Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns die Rentabilität der Unternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend reduziert. „Das gilt insbesondere für Betriebe, in denen die Lohnkosten aufgrund des hohen Anteils händischer Arbeiten bis zu 60 Prozent der gesamten Produktionskosten ausmachen“, sagte Dempfle. Das sei unter anderem beim Obst-, Gemüse-, Garten- und Weinbau der Fall.
Da im europäischen und außereuropäischen Ausland deutlich geringere Mindestlöhne gezahlt werden, stünden die Weinbaubetriebe in Deutschland unter extremem Wettbewerbsdruck. „Dies führt dazu, dass steigende Lohnkosten nicht oder nicht ausreichend an den Handel, die Verarbeitungsunternehmen oder die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergereicht werden können.“
Dempfle erwartet deshalb auch keine höheren Preise für deutschen Wein. „Wir gehen eher davon aus, dass die steigenden Kosten von den Winzerinnen und Winzern getragen werden müssen, ohne dass sie hierfür eine Gegenleistung erhalten. Dies schadet der wirtschaftlichen Situation der Betriebe“, sagte er.
Der DWV schließt sich den Forderungen des Deutschen Bauernverbands nach einer Sonderregelung für die Landwirtschaft beim Mindestlohn an. Saisonarbeitskräften sollte nur 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt werden.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, hatte dem RND vor wenigen Tagen gesagt: „Handarbeitsintensiver Weinbau an Steillagen wird verschwinden und damit wird sich das Landschaftsbild in vielen Urlaubsregionen verändern.“ Als Steillagenweinbau wird der Weinbau in extremen Hanglagen bezeichnet, in denen keine Bewirtschaftung mit Traktoren möglich ist.
rnd