„Der Staat entschädigt die Opfer der schädlichen Auswirkungen von Pestiziden, erwägt jedoch, die Verwendung von Substanzen, deren Schädlichkeit nachgewiesen ist, wieder zuzulassen.“

Auf dem kürzlich im Universitätsklinikum Nantes abgehaltenen Symposium über die Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Gesichtsfehlbildungen – insbesondere Lippen-Kiefer-Gaumenspalten – bereitete sich die Nationalversammlung auf die Prüfung des sogenannten „Duplomb“-Gesetzes vor. Dieser Text sieht die Wiedereinführung bestimmter Pestizide vor, die in Frankreich seit 2016 verboten sind.
Zur Erinnerung: Lippen-Kiefer-Gaumenspalten – früher auch Hasenscharte genannt – sind häufige Fehlbildungen, von denen etwa eines von 700 Kindern betroffen ist. Sie entstehen durch Anomalien in der frühen Embryonalentwicklung zwischen der vierten und zehnten Schwangerschaftswoche, also zu einem Zeitpunkt, an dem werdende Mütter meist noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Diese Fehlbildungen, die oft bei vorgeburtlichen Ultraschalluntersuchungen sichtbar werden, führen in unterschiedlichem Ausmaß zu Ess-, Sprach- und Zahnstörungen, mitunter mit erheblichen psychischen Folgen für das Kind und seine Familie. Ihre medizinische Behandlung ist zwar erfolgversprechend, bleibt aber langwierig, komplex und aus ästhetischer oder funktioneller Sicht manchmal enttäuschend.
Heute besteht ein medizinischer Konsens über die Ursachen dieser Missbildungen. Demnach haben mindestens zwei Drittel eine Umweltkomponente: Sie resultieren aus einer Wechselwirkung zwischen genetischen Veranlagungen und toxischen Substanzen im Lebens- und Arbeitsumfeld schwangerer Frauen (Tabak, Alkohol, Lösungsmittel usw.). Daher ist die mögliche Rolle der beruflichen Exposition von Müttern gegenüber Pestiziden inzwischen gut dokumentiert. Dieser Zusammenhang wird in der medizinischen Literatur seit den 1980er Jahren erwähnt. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten gehören zu den pädiatrischen Pathologien, die vom Inserm in den beiden Referenzberichten der kollektiven Experten zur Rolle von Pestiziden für die menschliche Gesundheit sowie für andere Gesundheitsprobleme (einschließlich bestimmter Krebserkrankungen bei Kindern, neurologischer Entwicklungsstörungen und anderer Arten von Genitalfehlbildungen) identifiziert wurden.
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Le Monde