Kommentar: Warum erfahren die Gebührenzahler nicht, was sie die Gelbhaar-Blamage des RBB kostet?

Der Grüne Stefan Gelbhaar und der RBB haben sich außergerichtlich geeinigt. Über die Summe vereinbaren sie Stillschweigen. Es ist der unrühmliche Schluss einer katastrophalen Fehlleistung.
Es ist einer der größten Medienskandale der Bundesrepublik, der nun einen vorläufigen Abschluss findet: der Fall Stefan Gelbhaar. Nachdem der Grünen-Politiker den RBB wegen rufschädigender Berichterstattung auf Schadenersatz verklagt hatte, gab der Sender in dieser Woche bekannt, er habe sich mit Gelbhaar geeinigt, außergerichtlich. Über die Summe der Entschädigung habe man Stillschweigen vereinbart. Gelbhaar hatte zuvor rund 1,7 Millionen Euro gefordert.
Dass der Sender nach all den Blamagen nicht offenlegt, was die hausinternen Fehler den Gebührenzahler kostet, ist ein eigener kleiner Skandal für sich. Es ist der letzte Aspekt in einer beispiellosen Kette journalistischer und unternehmerischer Fehlleistungen.
Ende Dezember hatte der Sender einen Beitrag veröffentlicht, in dem mehrere Frauen Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar erhoben. Wie sich später herausstellte, waren sie teils erfunden. Und nicht nur das: Eine der Zeuginnen, eine Frau namens Anne K., existierte nicht einmal. Der RBB musste seinen Bericht zurückziehen.
Inzwischen gilt als wahrscheinlich, dass die Vorwürfe Ergebnis einer parteiinternen Intrige waren. Eine interne Untersuchung der Grünen im Juni legt nahe, dass Mitglieder der Grünen Jugend gezielt gegen Gelbhaar agiert haben. Gleichzeitig gibt es nach wie vor Aussagen von Frauen, die sich über unangemessenes Verhalten Gelbhaars beklagen. Aber eben nicht im strafrechtlich relevanten Bereich sexueller Belästigung, wie der RBB im Dezember berichtet hatte.
Die Folgen waren verheerend – für alle Beteiligten. Allen voran für Gelbhaar selbst, der auf seine Bewerbung für Listenplatz für die Bundestagswahl verzichtete, und auch seine Kandidatur für das Direktmandat in Berlin-Pankow verlor. An seiner Stelle gewann der Habeck-Vertraute Andreas Audretsch den zweiten Platz der Landesliste. Und für den Wahlkreis zog die junge Ostdeutsche Julia Schneider in den Bundestag ein. Bis dato war Gelbhaar der einzige Grüne gewesen, der je einen ostdeutschen Wahlkreis gewonnen hatte. Nun lag seine politische Karriere in Scherben.
Der RBB hat eine Tradition, horrende Anwaltskosten zu zahlenAuch für den RBB war der Schaden enorm: Der Fall bedeutete einen massiven Vertrauensverlust. Doch statt transparent aufzuklären, beauftragte der Sender erst einmal die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte – für 60.000 Euro. Deren Untersuchung bestätigte weitgehend das, was andere Medien längst recherchiert hatten. Warum der RBB dazu selbst nicht in der Lage war, bleibt bis heute offen.
Im Ergebnis gab es jedenfalls kaum Konsequenzen. Der damalige Chefredakteur David Biesinger verteidigte sich monatelang mit dem Hinweis, ihn treffe keine Verantwortung. Am Ende musste er zwar gehen, wurde aber lediglich in die zweite Reihe versetzt. Heute leitet er die Hauptabteilung Programmressourcen. Dort entscheidet er mit, welche Stellen im Zuge der Kürzungswelle gestrichen werden. Während Während Hunderte Journalisten um ihre Jobs bangen, ist seine Zukunft gesichert. Welch ein Hohn.
Der RBB ist hoch verschuldet. Und er hat eine bemerkenswerte Tradition, horrende Summen für Rechtsstreitigkeiten auszugeben. Vielleicht hängt beides miteinander zusammen. Allein im Fall Patricia Schlesinger soll der Sender mehrere Millionen Euro an Anwaltskosten gezahlt haben. Gut möglich, dass auch die Entschädigung von Stefan Gelbhaar in der Nähe der Millionenmarke liegt. Wie nah tatsächlich, das dürfen wir, die wir sie mit unseren Rundfunkgebühren zahlen, leider nicht erfahren.
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Berliner-zeitung